Fehler in Antworten auf Fragen zu Umweltzielen

Hintergrund

Mein Redebeitrag auf der VW-Hauptversammlung 2019 enthielt Fragen, die der Vorstand teilweise falsch wiedergab und teilweise unkorrekt beantwortete. Den vollen Wortlaut meiner Fragen und der Antworten des Vorstands behandelt der Beitrag Fragen und Antworten zu Umweltzielen auf HV 2019. Dieser Beitrag soll am konkreten Beispiel aufzeigen, wie der Vorstand die Beantwortung unangenehmer Fragen vermeidet und stattdessen nicht gestellte Fragen beantwortet.

Frage zum vollständigen ökologischen Fußabdruck

Herbert Diess behauptet in seiner Antwort von 19:29, VW würde in „umfassenden Lebenszyklusanalysen“ den „exakten Lebenszyklus“ seiner Produkte einschliesslich der Nutzungsphase betrachten. Tatsächlich deutet jedoch nichts darauf hin, dass VW den Schadstoffausstoß in der Nutzungsphase betrachtet. Obwohl das offizielle VW-Umweltziel „Reduzieren des Verbrauchs im Testzyklus und im realen Fahrbetrieb“ VW dazu veranlassen sollte, den Verbrauch im realen Fahrbetrieb zu betrachten. Herbert Diess sollte bekannt sein, dass sich die Fahrzeuge in der Nutzungsphase nicht auf dem Rollenprüfstand („im Testzyklus“,) sondern im realen Fahrbetrieb befinden. Stattdessen betrachtet VW anscheinend nur den Verbrauch im Testzyklus. Dieser hat jedoch kaum Bezug zum Verbrauch in der Nutzungsphase. Das behaupten nicht nur unabhängige Kritiker, wie die Autoren der Studie Mind the Gap! Why official car fuel economy figures don’t match up to reality. Auch Volkswagen räumt ein, dass der NEFZ nicht taugt, um auf den Verbrauch im realen Fahrbetrieb zu schliessen: „[Der NEFZ] gleicht einem synthetischen Labortest und dient in erster Linie der Vergleichbarkeit verschiedener Fahrzeuge, ohne den Realverbrauch realistisch widerzuspiegeln.“ Der WLTP sei nicht ganz so schlecht: „WLTP erhebt den Anspruch, ein realitätsnahes Fahrverhalten zu simulieren. Und so wesentlich realistischere Ergebnisse zu erzielen.“ (Quelle)

Frage zum Verbrauch im Kundenbetrieb

Ich fragte ausdrücklich nach dem Umweltziel „Wettbewerbsüberlegene Verbrauchswerte im Kundenbetrieb“, und nicht nach dem Umweltziel „Wettbewerbsüberlegene Verbrauchswerte im Testzyklus“. Herbert Diess setzte in seiner Antwort von 20:02 den Verbrauch im Kundenbetrieb mit dem Verbrauch im Testzyklus gleich. Er leugnete damit die Unterscheidung dieser beiden Umweltziele.

Frage zur Elektromobilitäts – Strategie

Ich fragte Herrn Diess, ob es klug sei Alles auf die Karte Elektromobilität setzen zu wollen. Herbert Diess gab jedoch meine Frage falsch wieder. Seine Antwort von 19:25 befasste sich mit der Frage, ob es klug sei, überhaupt auf Elektromobilität zu setzen. Das steht jedoch ausser Frage. Der aktuelle e-Golf hat zweifellos seine Existenzberechtigung in einer Marktnische. Selbstverständlich hat Elektromobilität Zukunft. Der Marktanteil von Elektroautos wird steigen (2018 lag er laut heise.de in Deutschland bei 1,9% mit steigender Tendenz) Es steht ausser Frage, dass sich VW mit Elektromobilität befassen muss. Welcher Aktionär würde das in Frage stellen? Wer stellte 1976 den Sinn des Prototypen eines Elektro-Golf 1 mit Reichweite ca. 50 Km in Frage? Wer stellte 1991 den Sinn der Studie Chico mit Reichweite ca. 400 Km in Frage? Im vergangenen Jahrtausend war VW der Zeit voraus. (Die genannten Beispiele stammen aus der Broschüre „Der Zeit voraus“)

E-Auto angeblich einzige Option, um CO2 Ausstoss zu senken

Herbert Diess behauptete wörtlich: „Das E-Auto ist für die nächsten 10 bis 15 Jahre die einzige realistische und ökonomisch sinnvolle Option, um den CO2 Ausstoss signifikant zu reduzieren“ Er lässt dabei offen, ob er von Reduktionen im realen Fahrbetrieb spricht, oder nur von fiktionalen Reduktionen auf dem Papier. In jedem Fall ist seine Aussage falsch. Es gibt Alternativen:

  • Leichtere, kraftstoffsparende Fahrzeuge wie den Audi A2.
  • Weniger Autofahren.
  • Anstatt Abermilliarden in die Aufrüstung des Stromnetzes zu stecken um überhaupt erst die notwendigen Voraussetzungen zum Aufladen von E-Autos zu schaffen, könnte man diese Summen investieren, um Fußwege, Radwege, öffentlichen Nahverkehr zu verbessern.

Diess gibt jedenfalls keine überzeugende Antwort, warum die Elektroautos von morgen größere Kassenschlager werden sollten als der A2 oder auch der Lupo. Aus deren Abgesang im Nachhaltigkeitsbericht 2005/2006: „Die Drei-Liter-Autos im Konzern (Audi A2 1.2 TDI, Lupo 3L TDI) waren ein Symbol für nachhaltige Mobilität und eine Antwort auf massive Ansprüche von Politik und Gesellschaft. Mit der aufwendigen Entwicklung ökologischer Hightech-Lösungen nahmen wir eine Pionierrolle ein, die von den Kunden trotz ihrer Forderungen wenig honoriert wurde. Selbst die Menge der von deutschen Behörden beschafften Drei-Liter-Autos kann man an einer Hand abzählen. Wir mussten deshalb beide Drei-Liter-Modelle im Jahr 2005 einstellen. Was nützen ökologische Produkte, wenn sie nur wenige kaufen?“

unklare Aussage zu alternativen Antrieben

Abschliessend sagte Herbert Diess: „Angemerkt sei: es wird natürlich auch über alle Alternativen so wie unsere Wettbewerber Hybride Mild-Hybride, Gasfahrzeuge verfügt.“ Diese Anmerkung trifft leider keine klare Aussage. Setzt VW demnach nicht alles auf die Karte Elektromobilität? Berücksichtigt VW alle Alternativen gleichberechtigt?

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